Die Überraschungsreise

Surp Das St. Galler Startup bietet Kurztrips in europäische Städte an. Das Ziel der Reise erfahren die Kunden aber erst aus einem orangenen Umschlag, der ihnen am Flughafen ausgehändigt wird.
Von: Sira Huwiler

Der Beitrag erschien am 13. April 2017 in der Handelszeitung.

Die Business-Idee

«Wohin verreisen wir eigentlich?» – diese Frage stellt man sich in der Regel vor der Buchung. Aber nicht, wenn man über das St. Galler Startup Surp.ch bucht: «Erst am Flughafen enthüllt ein knallorangener Umschlag die Antwort auf die grosse Frage», sagt Gründer und Geschäftsführer Andreas Näf. «Wir bieten nämlich Überraschungsreisen an.» Nur so viel steht fest: Man verreist auf Wunsch für drei oder vier Tage in eine europäische Metropole – Flug, Mittelklassehotel und Frühstück inklusive. «Ausserdem kann man bis zu drei Städte ausschliessen, in die man nicht will», sagt Näf. Das heisst, wenn man schon viermal in Berlin war, muss man sich nicht zum fünften Mal den Fernsehturm anschauen. Die Preise pro Person starten bei früher Buchung bei rund 390 Franken. Durch einen Flug-­Countdown und einen anonymisierten Wetterbericht in der Surp-­App wissen Kurzzeit­-Touristen dennoch, wann sie am Flughafen sein müssen und was sie einpacken sollten. «Sobald das Ziel bekannt ist, bekommen die Reisenden zudem Sightseeing­-Tipps direkt auf ihr Smartphone», sagt Näf.

Die Gründer

Im Sommer 2015 hatte Andreas Näf die Idee, mit drei Kumpels zu verreisen, sich beim möglichen Ziel aber überraschen zu lassen. «Diese endlosen Diskussionen, wohin der Kurztrip gehen soll, rauben immer viel Zeit und Kraft. Das wollte ich diesmal nicht», sagt Näf. Schon mit der Geschäftsidee im Hinterkopf, die sich später bewährt hat, schreibt er drei bekannte Reisebüros in der Schweiz an. Betreff: «Bitte um eine Überraschungsangebot für vier Personen.» Nur den Zeitraum, den Wunsch nach einem Vier­-Sterne-­Hotel und den Ausschluss von drei ihm gut bekannten Städten gibt er mit an. «Aber die Reisebüros waren total überrumpelt, haben nur mit unzähligen Gegenfragen
reagiert», so der Gründer. Für den Marketing­-Master mit Abschluss der Universität St. Gallen steht fest: «Daraus machen wir ein Business.» Gemeinsam mit seinen ehemaligen Studienkollegen und heutigen Internet­-Profis mit eigener Online­-Agentur (Weitblick, St. Gallen) Nicole Grüninger und Marcial Bollinger geht er die Idee an, entwickelt einen Business­-Plan und setzt die ersten Schritte als Gründer. Grüninger und Bollinger planen im Gründungsprozess Website und App und optimieren fortdauernd die Nutzerfreundlichkeit. Näf macht sich auf die Suche nach Reisebüros als Partner. «Im Dezember 2015 sind wir mit Surp.ch online gegangen», sagt Näf. «Surp kommt vom englischen Wort Surprise und steht für Überraschung.»

Der Markt

Und wer lässt sich seither am liebsten überraschen? «Über 60 Prozent der Reisenden sind Frauen», sagt Näf, «Mädels-Wochenenden von Freundinnen oder Mutter und Tochter sind sehr beliebt.» Doch auch männliche Kollegen oder Paare, die im Schnitt rund 25 Jahre alt sind, buchten Trips. «Das Gefühl von Spontaneität und Vorfreude ohne Vorbereitungsstress schätzen aber nicht nur junge Reisende», betont Näf, «unsere ältesten Kunden waren ein 80­-jähriges Ehepaar.» Das Angebot des Startups kommt also nicht nur bei partywilligen Teenagern an. Am häufigsten als mögliches Ziel ausgeschlossen würden Berlin, London und Barcelona. «Diese Städte kennen viele Menschen bereits», sagt Näf. Auch potenzielle Terrorgefahr ist für die Gründer ein selbstverständliches Ausschlusskriterium. «Überhaupt niemand möchte zurzeit nach Istanbul – aber das schliessen wir seit den
ersten Anschlägen ohnehin aus.» Stattdessen landen Überaschungsbucher etwa in Belgrad, Budapest oder Porto. «Alle Städte, die unter drei Stunden von Basel oder Zürich angeflogen werden, sind möglich», so Andreas Näf.

Das Kapital

Im ersten Jahr verkauften die Gründer über 600 Reisen und machten einen Umsatz von rund 300 000 Franken. «Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass unser zusammengekratztes Startkapital unter 5000 Franken lag», betont Näf. «Die Startphase hat gezeigt, dass ein Markt für Überraschungsreisen da ist, darauf wollen wir jetzt aufbauen.» In enger Zusammenarbeit mit zwei St. Galler Reisebüros ist der Start geglückt. «Künftig sind auch Partnerschaften mit Hotelketten und Fluggesellschaften denkbar, um höhere Gewinnspannen zu erzielen – ausserdem Automatisierungen verschiedener Prozesse», so Näf. «Wenn wir die Buchungen in diesem Jahr auf 1200 verdoppeln, schreiben wir erste schwarze Zahlen.»